Entwicklung des Vereinslebens © Emil Langendörfer, Burgweg 4, 76703 Kraichtal-Oberacker Tel. 07250-8454 Ortsspiegel von Oberacker Die Entstehung und Entwicklung des Vereinslebens zwischen und  nach den beiden Weltkriegen, als Ausdruck einer funktionierenden Dorfgemeinschaft, unter Berücksichtigung vielseitiger Interessenlagen.                                                                           Nach extremen Notlagen, auch nach den beiden Weltkriegen, war das Bedürfnis einer Schicksalsgemeinschaft  um alles neu aufbauen zu können, sehr ausgeprägt. Den gefallenen Söhnen, Vätern und Freunden –im ersten Weltkrieg 19, im zweiten Weltkrieg 36- fühlte man sich verpflichtet das Begonnene weiter aufzubauen und fortzuführen.                                             Nach dem Krieg im vorhergegangenen Jahrhundert (1870)  wurde von den damaligen Kriegsteilnehmern der Militärverein –eine Art Reservistenverein- gegründet und auch nach dem  1.Weltkrieg weitergeführt. Der Verein hatte dadurch zahlreiche Mitglieder. Als Anerkennung und Andenken wurde das Kriegerdenkmal vor dem Rathaus von der Gemeinde Oberacker und dem Militärverein gestiftet und erstellt. Dieses Denkmal war über einige Jahrzehnte die Gedenkstätte beim Volkstrauertag. Nach Gründung der Gemeinde Kraichtal fiel es, mitsamt dem historischen Rathausbrunnen, der Neugestaltung des Rathausplatzes zum Opfer. Jetzt schmückt eine „Blechlawine“ als Dauerabstellplatz von Autos, teilweise die Gehwege inbegriffen, den neuernannten Kirchplatz.                                                                            Noch eine Besonderheit des Militärvereins:                                                                            War ein Vereinsangehöriger verstorben, marschierten die Kameraden mit geladenen Gewehren, angeführt vom Tambourmajor Albert Scheeder, dem Trauerzug voraus. Dieser spielte auf seiner Trommel den Trauerwirbel. Vor dem Sarg wurde die Vereinsfahne getragen.  Nach der Traueransprache am Grab und der Absenkung des Sarges ertönte des Kommando: „Hoch  legt an – gibt Feuer“ und dies dreimal. So verabschiedete sich der Militärverein von seinen Kameraden.                                                                                                                     Im Vereinsleben hatte auch der Schützenverein von Oberacker seinen Platz. Er besaß einen   Kleinkaliberschießstand oberhalb der Dreschhalle, jetzt Betriebsgelände der Firma Walter Mayer Aufzüge. Dort stand oberhalb der Dreschhalle das  „Schiesshäusle“ mit der 50 Meter Schiessbahn und der Schiessgrube aus der die Ringzahl (Treffer) mit einem Täfelchen angezeigt wurden.  Eine große Resonanz fand der Radfahrerverein mit einer stattlichen Mitgliederzahl -zu jener Zeit war es fast selbstverständlich bei mehreren Vereinen aktiv zu sein-. Als Kind ist mir das Gründungsfest des Vereins, das hinter dem Kindergarten im „Hanfacker“ mit Fahnen und Festdamen noch schwach in Erinnerung. Soviel mir bekannt existieren von diesem Fest noch Gruppenfotos.                               Auch die kulturelle Seite spielte im Ortsgeschehen eine große Rolle. Hauptlehrer Kopfmann, ein exzellenter Musiker und Organist gründete einen Gesangverein und führte auch seine Schüler dem Chorgesang zu. Nicht nur in Oberacker, auch in Münzesheim war er als Chorleiter tätig und war als solcher in der ganzen Umgegend bekannt. Am  Aufbau des regionalen Chorlebens war er maßgeblich beteiligt.                                                                            Die Feuerwehr war bis zum 2. Weltkrieg eine Selbsthilfsorganisation, bei der jeder wehrfähige Bürger im Notfall seinen eingeteilten Platz einzunehmen hatte. Mit Kriegsbeginn wurden die wehrfähigen Männer zur Wehrmacht eingezogen, sodass diese Funktion von den Frauen übernommen werden musste und die dazu auch entsprechend ausgebildet wurden. Hier einige Namen der Feuerwehr- und Luftschutzfrauen: Irmgard Weber, Luise Kopf, Gerda Schmid, Herta Mayer, Emma Mayer, Hilda Mayer, Vera Balz, Gerlinde Scheeder, Berta Abel, Helma Max, Lina Reichel, Elfriede Scheeder, Emma Weber, Luise Weber, Helene Nees, DRK-Frauen: Friedrike Nübling, Luise Kirchgässner und Lina Abel. Für die Ausbildung und Einsatz zuständig: August Zimmerman (Feuerwehrkommandant),  Max Richter und August Schmid. Ab Ende 1945 Neuentwicklung des Vereinslebens. Der Notwendigkeit entsprechend wurde als erste Vereinigung die Feuerwehr als „Freiwillige Feuerwehr“ gegründet. Sie setzte sich überwiegend aus der jüngeren Generation zusammen und übernahm zunächst auch kulturelle Aufgaben. So wurde aus diesem Bereich eine Musik- gruppe TAJAKA und eine Theatergruppe gegründet die gelegentlich Abwechslung in das Dorfgeschehen brachte. Aus alter Tradition heraus entstand zu Beginn der 50er Jahre der Männergesangverein „Frohsinn Oberacker“ 1 Vorstand wurde Hermann Kirchgässner und Dirigent der Dorfschullehrer Karl Grombach. Der Verein entwickelte sich  spontan auf  60 aktive Mitglieder aller Altersgruppen und wurde somit zu einem wichtigen Bestandteil der Dorfgemeinschaft und des kulturellen Lebens in der Gemeinde.  Im sportlichen Bereich wurde etwas später der Tischtennisclub (TTC) Oberacker gegründet mit Aktiven aller Altersklassen, mit Damen und Herrenmannschaften, die sich bis heute in Nordbadischen Sportkreisen erfolgreich behaupten. Als 1.Vorstand über Jahrzehnte hinweg fungierte Horst Eisler zusammen mit einer ausgezeichneten Vorstandschaft.  Weitere Sportgruppen wie Frauengymnastik, Leichtathleten  und Stammtisch- Fußballmannschaft rundeten die Nachkriegsaktivitäten ab.  So konnte die Gemeinde Oberacker nach verheerenden sechs Kriegsjahren mit 36 gefallenen und vermissten Mitbürgern einen beachtlichen Start ins öffentliche Leben finden.  Viel dazu beigetragen hat auch die kirchliche Initiative mit dem Posaunenchor.                                   Dieser Aufbruch der Dorfgemeinschaft war, wie schon an anderer Stelle erwähnt, aus der vorhandenen Notlage erwachsen.                                                                                             Der weitere Verlauf der Vereinsgeschichten ist aus den Vereinschroniken zu entnehmen.     Leider ist im Wandel von der Notgemeinschaft zur Konsum-und Spaßgesellschaft einiges auf der Strecke geblieben. So haben leider auch die Vereine um das Überleben zu kämpfen um überhaupt noch bestehen zu können.                                                                                        Der Idealismus ist stark zurückgegangen und der Egoismus hat auch hier bei uns in der Dorfgemeinschaft Einzug gehalten. So kann man immer wieder hören: „ Wo nichts dabei herauskommt mache ich keinen Finger krumm“                                                                 Wahrlich eine traurige Bilanz  -ein Schlag ins Gesicht derer, die über Jahre, sogar über Jahrzehnte, diesen Aufbau geleistet haben zum Teil mit finanziellen und zeitlichen Einbußen. Diese meine Entwicklungsbilanz sollte es doch  Wert sein, mal mit dem Zeigefinger auf diejenigen zu zeigen, die noch „nie einen Finger für die Allgemeinheit krumm gemacht haben“
Ortsspiegel Oberacker Emil Langendörfer