© Emil Langendörfer, Burgweg 4, 76703 Kraichtal-Oberacker Tel. 07250-8454
Ortsspiegel von Oberacker
Ortsspiegel von Oberacker
über mehrere Generationen
mit historischem Hintergrund
aus der Sicht von Emil Langendörfer, geboren 1926
In der Vergangenheit hatte unsere örtlich geprägte Gesellschaft als Dorfgemeinschaft einen hohen Stellenwert. Jeder
kannte jeden, vom Kind bis zur Großelterngeneration. Vor den Häusern Sitzbänke oder auch Baumstämme, die am Abend
nach der Arbeit zum Ausruhen und Erzählen einluden. Nach Feierabend und Abendessen wurde diese Gelegenheit gerne
in Anspruch genommen, die Kinder und Jugendlichen hörten aufmerksam den Älteren zu. So funktionierte die
Weitergabe von Erlebnissen oder auch Ratschlägen zu dieser Zeit. Die gegenseitige Hilfsbereitschaft in allen Notlagen
war sebstverständlich unabhängig von Verwandschafts- oder Nachbarschaftsverhältnis.
Nach den beiden Weltkriegen formierten sich die ersten Vereine als Bedürfnis der Gemeinschaft in verschiedenen
Interessenlagen, so Gesangverein, Radfahrverein, Schützenverein, Herren-und Damensportverein verschiedener Art. Alle
diese etablierten Vereine verstanden sich als Teil einer uneigennützigen Dorfgemeinschaft und unterstützten sich
gegenseitig bei örtlichen Vereinsveranstaltungen. Die Feuerwehr war ursprünglich eine Pflichtaufgabe in einem
festgelegten Rahmen der Bürgerschaft und wurde dann später als freiwillige Feuerwehr weitergeführt, die ebenfalls ihre
Veranstaltungen durchführt. Gerade die Vereine setzten überwiegend auf Jugendarbeit um sich Nachwuchs und
Fortbestand zu sichern.
Jahrzehntelang funktionierte der uneigennützige, auf Idealismus aufgebaute Kreislauf, die Ortsvereine veranstalteten ihre
Feste, auch gemeinsame Straßenfeste, die gemeinsam im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft geplant und durchgeführt
wurden. Selbst an größere Veranstaltungen traute sich das kleine Oberacker heran, die ohne Beteiligung der ganzen
Bevölkerung nicht möglich gewesen wären. So die Einweihung unserer schönen Sporthalle, mit einem großen Umzug und
Darstellungen der Vereine. Ebenso die Ausrichtung des Kraichgausängerfestes auf dem Burgberg in der Sporthalle und
dem Festzelt auf dem Sport-platz sowie großem Festzug der teilnehmenden Kraichgauvereine. Ohne Beteiligung und
Mitwirkung der gesamten Bevölkerung, Jung und Alt, wäre diese überregionale Aufgabe nicht zu bewältigen gewesen.
Heute, in unserer derzeitigen Multigesellschaft wäre eine solche Aufgabe undenkbar.
Mit der Einbindung auswärtiger Mitglieder in die Vereine und Etablierung von Vereinsgelände und Einrichtungen anderer
Vereine in Oberacker wird mangels Interesse die ursprüngliche Dorfgemeinschaft in Frage gestellt. Durch diese
Entwicklung wandelte sich die Gemeinnützigkeit und das Gemeinschaftsbewusstsein vieler Menschen in puren Eigennutz
und Selbstprofilierung. Selbst eine Anzahl der Dorfbewohner, die mit dem bisherigen Vereinsleben nichts am Hut hatten,
kriechen jetzt aus ihren Schlupflöchern wenn sie mit einem Nebenverdienst und Selbstdarstellung glauben punkten zu
müssen.